Streit in der Beziehung vermeiden – ist das immer so eine gute Idee?
Zum Thema „Konfliktlösung in einer Beziehung“ findest Du jede Menge Informationen im Internet. Die Empfehlungen laufen im Wesentlichen darauf hinaus, Streitigkeiten in der Beziehung zu vermeiden – statt die Konfliktlösung in einer Beziehung zu üben.
Nun, meiner Ansicht nach ist eine gelegentliche Uneinigkeit zwischen Menschen, die sich nahestehen, durchaus normal und sogar notwendig. Warum das so ist, erkläre ich Dir in meinem vorigen Blogartikel über den Umgang mit unterdrückter Wut (der sich übrigens auch mit dem zweiten Satz der Thermodynamik befasst).
Damit meine ich nun nicht, dass Du Deinen angestauten Zorn zu gegebener Zeit unverdünnt herauslassen solltest. Denn Dein Partner oder Deine Partnerin ist kein Punchingball. Auch das Werfen mit Geschirr ist nicht empfehlenswert!
Bei der Konfliktlösung in einer Beziehung geht es mir vielmehr um die emotionale Ehrlichkeit.
Was meine ich damit?
Lass mich mal Beispiel aufzeigen. Angenommen, Ihr seid im Garten zugange, um gemeinsam Pflastersteine zu verlegen. Das Einklopfen ist nämlich harte Arbeit.
Dein Partner hat den Gummihammer in der Hand und holt aus. Du aber willst im letzten Moment noch den Stein zurechtrücken und so trifft der Hammer ungebremst auf Deinen Daumen.
Ich glaube, es wäre in diesem Fall nicht konstruktiv, Dir nun unbedingt eine respektvolle, gewaltfreie Kommunikation zu empfehlen.
Du denkst da weder an den Wolf noch an die Giraffe, sondern Du schreist! Und zwar ganz und gar ungebremst. Das tut weh!
Gleichzeitig ist Dir aber bewusst, dass Dein Partner dies nicht mit Absicht getan hat, sondern dass es ein Unfall war, der versehentlich passiert ist.
Und erst viel später wird Dir auch deutlich, dass Du selbst auch einen Anteil daran hast – mangelnde Aufmerksamkeit!
Das ist aber in diesem Augenblick alles erst einmal nicht entscheidend. Es geht nicht gleich um das gesamte Trajekt der Konfliktlösung in einer Beziehung. Sondern nur um den allerersten Schritt.
Von Bedeutung ist jetzt erst einmal nur der Schmerz.
Du schreist also. Au!
Dieser Aufschrei ist eine emotional ehrliche Reaktion von Dir.
Dein Partner würde Dir keine Sekunde lang glauben, wenn Du jetzt mit Ich-Botschaften anfangen und Deine Mitteilung vorsichtig in Watte packen würdest. Das ist mit der Konfliktlösung in einer Beziehung auch gar nicht gemeint.
Er weiß, dass Du Schmerzen hast, er kennt das Gefühl und kann es (hoffentlich) nachvollziehen.
Du solltest also Lieber nicht verzweifelt versuchen, den Schmerz zu unterdrücken, bis er sich aufgestaut hat und zum ungebremsten Zorn wird.
Ebensowenig solltest Du anfangen, Deinen Partner mit Pflastersteinen zu bewerfen.
Nein, Du gibst Deinem Schmerz Ausdruck, und das sofort und in einer Weise, die Dein Partner absolut nachvollziehen kann. Denn er hat Ähnliches auch schon einmal erlebt.
Keiner ist dem anderen wirklich böse. Aber der Schmerz ist da und will anerkannt werden. Das ist der erste Schritt zur Konfliktlösung in einer Beziehung.
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Würdigung des Schmerzes
Der unverletzte Partner kann jetzt natürlich versuchen, rational zu argumentieren. Du hättest, Du könntest, Du solltest….
Das reicht vom Hinweis auf unvorsichtiges Verhalten bis hin zu Empfehlungen bezüglich des richtigen Verbandsmaterials.
Hilft Dir das? Echt?
Was sich viele Menschen in dieser Situation wünschen, ist eine Bestätigung des Schmerzes. Die Anerkennung ihrer Gefühle und ihrer Not.
Wer von seinen Gefühlen überwältigt ist (in körperlicher oder anderer Hinsicht), der hat keinen Zugang zum rationalen Denkvermögen. Er ist in seinem tiefsten Innern getroffen und schwer verletzt.
Da hilft es vor allem, wenn der Partner Empathie zeigt und die Gefühle bestätigt. Wenn er den verletzten Partner schreien und schimpfen lässt, so lange, bis alles gesagt ist und der Schmerz ein wenig nachlässt. Wenn er vielleicht sogar nachfragt, sich interessiert.
Und die Sache keinesfalls herunterspielt: “Ist doch nicht so schlimm…”
Sobald der Schmerz nachlässt, könnt Ihr einander Fragen stellen. Dazu komme ich gleich noch.
Das war jetzt ein konkretes Beispiel, um Dir meine Argumentation zu verdeutlichen. Dies gilt also auch im übertragenen Sinn – wenn also einer der Partner emotional und nicht körperlich verletzt ist.
Der erste Schritt zur Konfliktlösung in einer Beziehung: Gibt es noch etwas, was Du sagen möchtest?
Manchmal muss einer der Partner mehr Wut herauslassen als der andere. Wenn das so ist, lasst es geschehen.
Darüber sprechen könnt Ihr, wenn der erste Schwall vorbei ist und Ihr Euch wieder emotional gefangen habt.
Wie gesagt, ist es wichtig, hier Empathie zu zeigen und die Gefühle des verletzten Partners zu akzeptieren und vielleicht sogar zu bestätigen.
Das Akzeptieren verletzter Gefühle ist eine hohe Kunst und wird Dir wahrscheinlich nicht immer leichtfallen. Wir alle neigen dazu, dagegen zu argumentieren.
Vor allem dann, wenn wir Schuldgefühle haben. Das dringende Bedürfnis, uns zu verteidigen. Unsere Nichtabsicht darzulegen, die Perspektive zurechtzurücken.
Nur hilft das jetzt erstmal gar nicht. Wie gesagt, die Rationalität bleibt erst einmal voll auf der Strecke.
Am besten kannst Du versuchen, einfach zu akzeptieren, was Dein Partner oder Deine Partnerin Dir sagt.
“Ich sehe, dass Du….”
Im zweiten Schritt: Verständnis zeigen
Wenn Ihr wieder sprechen könnt: Höre Dir an, was Dein Partner / Deine Partnerin zu sagen hat. Höre wirklich gut zu.
Urteile nicht. Werte nicht. Denke auch nicht an Deine Verteidigung.
Höre einfach nur zu, wie eine unbeteiligte Drittperson.
Stelle Fragen, damit keine Missverständnisse aufkommen.
Das allein wird schon sehr viel helfen bei der Konfliktlösung in einer Beziehung.
Es geht hier nämlich nicht darum, wer Recht hat. Sondern um die emotionale Ehrlichkeit.
Später kannst Du darüber nachdenken, was Du zu dem Konflikt beigetragen hast. Hast Du das Problem verursacht? Oder hast Du ein Problem, das zunächst vielleicht gar nichts mit Dir zu tun hatte, eventuell verstärkt oder vertieft?
Wenn ja, kann es eine gute Idee sein, sich jetzt dafür zu entschuldigen.
Damit zeigst Du Deinem Partner oder Deiner Partnerin, dass Du durchaus zugänglich bist und keine Mauer zwischen Euch hochziehen möchtest. Das trägt sehr zur Konfliktlösung in einer Beziehung bei.
Besonders hilfreich kann es sein, wenn Du auch die Perspektive Deines Partners einnehmen kannst. Welche Probleme hat er oder sie? Was hat ihn oder sie dazu bewogen, das zu tun, was er / sie getan hat?
Eine gute Idee kann es sein, die Plätze zu tauschen und Dich in die Schuhe Deines Partners / Deiner Partnerin zu versetzen. Versuche also einmal, aus der Sichtweise Deines Partners / Deiner Partnerin zu argumentieren. Wie fühlst Du Dich dabei?
Wenn Du es nicht schaffst, die Sichtweise der anderen Person nachzuvollziehen, dann bist Du möglicherweise noch immer zu wütend.
In diesem Fall gehe zurück zu Deinen Emotionen und äußere sie noch einmal. Beschreibe sie gut, sodass Dein Partner oder Deine Partnerin Dich voll verstehen kann.
Erst im dritten Schritt der Konfliktlösung in der Beziehung geht es darum, zu handeln und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Das werden wir in meinem nächsten Blogartikel besprechen.
Welche Erfahrungen hast Du mit diesem Thema gemacht? Schreib mir einen Kommentar! |
Herzliche Grüße von Barbara
Barbara Schmidt, M.A.
Mein Name ist Barbara, Paarberaterin und Gründerin der Online-Beziehungswerkstatt Albatros im Rahmen der Paarberatung Bremen. Ich helfe Dir bei schwierigen Eheproblemen oder wenn Du einfach mal eine Beziehungsberatung brauchst, aber keine Lust hast, dafür gleich eine jahrelange Therapie machen zu müssen.