Wenn man nicht NEIN sagen kann
Erfolg durch Entscheidung
wird es schwierig, eine gesunde Paarbeziehung aufzubauen und zu leben
Wenn man nicht Nein sagen kann, bekommt man oft Probleme. Ach, wie gut kenne ich das.
Da fragen die Nachbarn freundlich, ob ich wohl mal eben auf den Hund aufpassen will. Die Schwiegermutter braucht Hilfe, sie kann die Schraube nicht selbst in die Wand drehen. Und der Partner oder die Partnerin möchte heute Abend gern ins Kino. Ihm oder ihr ist eben einfach danach.
Leider kommt die Frage der Nachbarn jedoch mitten in meiner Arbeitszeit. Und der Hund sitzt ja nicht nur einfach da, sondern er jault auch, wenn Frauchen weg ist. Sein Frauchen kann ich ihm leider nicht ersetzen. Und doch: Ich kann nicht Nein sagen.
Die Sache mit der Schraube dauert ja eigentlich nicht lange, muss aber unbedingt am Sonntag passieren. Klar, das ist außerhalb meiner Arbeitszeit – nur leider muss ich dafür auch bohren und das ist in der Wohnung meiner Schwiegermutter an Sonn- und Feiertagen leider verboten. Wie die Nachbarn darauf reagieren, das kennen wir schon.
Das Kinoprogramm ist in der Tat verlockend und ich habe auch Lust, hinzugehen. Die Sache ist nur, dass ich noch eine Beratungssitzung für morgen vorbereiten muss.
Was tun? Keinen dieser Menschen möchte ich vor den Kopf stoßen.
Aber ich kann eben nun mal nicht Nein sagen.
Sie alle haben bestimmte Erwartungen an mich, die ich – so mein Eindruck – erfüllen sollte, um die Beziehung oder Freundschaft oder auch Nachbarschaft nicht zu gefährden. Denn sonst sind die anderen Personen sicherlich böse und werden den Kontakt zu mir abbrechen.
Ja, werden sie das tatsächlich?
Kann ich wirklich nicht Nein sagen?
Ich denke mal, dass hier viel daran liegt, wie ich jetzt reagiere. Also nicht nur, mit welchen Worten, sondern auch mit welcher Körperhaltung und Stimme.
Nicht Nein sagen oder Wie Nein sagen?
Uns allen ist sicherlich klar, dass es nicht hilft, das Gegenüber mit scharfer Stimme anzubellen. Oder gar nichts zu sagen und nur die Augenbrauen hochzuziehen. Oder in Tränen auszubrechen. (Tränen sind meistens nicht so ein gutes Kommunikationsmittel).
Oder mich einfach wortlos umzudrehen und wegzugehen.
Nicht ganz so klar ist es vielen von uns, dass es auch keine gute Idee ist, einfach Ja zu sagen, obwohl wir Nein meinen.
Vielleicht deswegen, weil wir uns verpflichtet fühlen, der anderen Person entgegenzukommen und uns notfalls auch gewaltig für die andere Person zu verbiegen.
Ja, wie fühlt sich das denn an, wenn ich Ja sage?
Ich setze den Bohrer an und höre die Nachbarn auf der anderen Seite der Wand lauthals schimpfen. Gefolgt von eiligen Schritten im Flur und einem rabiaten Klingeln an der Wohnungstür.
Damit habe ich nun zwar Schwiegermutters Erwartungen erfüllt, dafür aber die der Nachbarn ignoriert. Denn diese erwarten – verständlicherweise – ein wenig Ruhe an ihrem Sonntag und gehen gern auch schnell an die Decke, wenn diese Erwartung nicht honoriert wird.
Das kann ich verstehen. Aber ich kann nicht Nein sagen.
Du siehst also, egal was ich auch tue – wenn ich nicht Nein sagen kann, wird immer irgend jemand böse auf mich sein. (Nicht auf Schwiegermutter, wohlgemerkt, denn die hat ja nichts getan! Ich bin ja ganz eindeutig diejenige, die mit dem Tatwerkzeug – dem Bohrer – in der Hand im Türrahmen steht).
Da sitze ich nun also zwischen allen Stühlen. Denn ich kann weder mit gutem Gewissen Ja sagen noch Nein sagen. Und überhaupt, zu wem soll ich Ja sagen und zu wem muss ich Nein sagen?
Oder – ganz schlau – ich vermeide jede Entscheidung, schiebe die Sache hinaus und halte mir entsprechende Rückzugsmöglichkeiten offen. Immer lächelnd, wohlgemerkt.
Manchmal denke ich, die Menschen wollen einfach zu viel von mir. Ich kann das alles gar nicht leisten. Es überfordert mich total. Ständig diese endlosen Diskussionen und Forderungen… Ich kann einfach nicht Nein sagen.
Nein, das macht wirklich keinen Spaß!
Wenn ich überall Ja, sage, dann sage ich letztlich immer auch Nein zu mir.
Denn dann muss ich letztlich Dinge tun, die in meinen Augen so nicht möglich sind. Weil ich das nicht kann oder nicht will oder weil der Zeitpunkt nicht passt oder aus welchem Grund auch immer.
Aber ja: Nein sagen zu anderen ist manchmal richtig schwer.
Allerdings: Wir können es lernen. Du kannst es auch gut selbst trainieren.
Zum Beispiel vor dem Spiegel. Klar und deutlich: „Nein!“
- Nein, das möchte ich nicht.
- Da kann ich leider nicht.
- Am Sonntag geht es nicht.
Keine langen Erklärungen. Keine Entschuldigung. Keine Verteidigung.
Nur ein Statement. Kurz und knapp.
Fallen Dir vielleicht auch weitere Formulierungen ein, insbesondere für Deine persönliche Situation? Für Deinen Mann oder Deine Frau, Deine Nachbarn, Deine Familie? Kannst Du eine dieser Formulierungen üben, indem Du sie für Dich selbst öfter wiederholst?
Wie klingt das für Dich, wenn Du Dich dabei im Spiegel anschaust?
Wenn Du Deine Stimme hörst?
Du kannst auch gut dabei die Stimme modulieren – versuch es mal mit laut, leise, hoch und tief, langgezogen und kurz.
Wie wirken die einzelnen Varianten auf Dich?
Mach Dir gern entsprechende Notizen. Das kann Dir helfen.
Und nun übe die Varianten, die Dir am besten gefallen. Erst allein, später auch im Gespräch mit anderen.
Natürlich an einer Stelle, wo es passt….
Herzliche Grüße von Barbara

Barbara Schmidt, M.A.
Mein Name ist Barbara, Paarberaterin und Gründerin der Online-Beziehungswerkstatt Albatros im Rahmen der Paartherapie Bremen. Ich helfe Dir bei schwierigen Eheproblemen oder wenn Du einfach mal eine Beziehungsberatung brauchst, aber keine Lust hast, dafür gleich eine jahrelange Therapie machen zu müssen.
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