Umgang mit Kränkungen
Ich hab meinen Partner gekränkt - was nun?
Der Umgang mit Kränkungen in Beziehungen
Kränkungen entstehen oft unbeabsichtigt und können das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigen. Der Text beschreibt, wie Betroffene darauf reagieren – von Rückzug bis hin zur Kontrolle des Partners durch gekränktes Verhalten. Ein gesunder Umgang erfordert Selbstverantwortung: Die kränkende Person kann sich entschuldigen, sollte sich aber nicht schuldig fühlen oder manipulieren lassen. Der gekränkte Partner muss seine Emotionen selbst verarbeiten. Eine Übung zur Perspektivübernahme kann helfen, gegenseitiges Verständnis zu fördern und Konflikte zu lösen.

Man kann schnell jemanden verletzen - erst recht den eigenen Partner
Da hast Du etwas gesagt oder getan, was Deinem Partner oder Deiner Partnerin nicht gefallen hat. Es ist ihm oder ihr unter die Haut gegangen. Hat ihn beleidigt. Hat sie verletzt.
Und nun ist er oder sie gekränkt.
Spricht vielleicht noch nicht einmal mehr mit Dir.
Was nun?
Was ist eigentlich eine Kränkung?
Das Socialnet definiert es so: Unter einer Kränkung wird ein lang andauernder Zustand seelischer Verletzung verstanden, der Minderwertigkeits- oder Versagensgefühle auslöst. Eine Kränkung trifft nachhaltig den Selbstwert und damit direkt auch den Kern der Persönlichkeit.
Synonyme sind Demütigung, Entwürdigung und Beleidigung.
Das ist schon krass. Ein Stich ins Herz also, wenn man so will.
Warum vermeiden wir das nicht einfach? Erst recht, wenn es um den eigenen Partner / die eigene Partnerin geht? Keine Kränkung, keine Gekränktheit. So einfach kann es doch sein?
Ist es aber nicht. Weil wir es nämlich oft gar nicht beabsichtigen. Weil es jedem von uns passieren kann. Weil wir manchmal spontan etwas sagen oder tun, was eigentlich ein ganz normales Verhalten ist, bei unserem Gegenüber aber heftig ankommt.
Aus welchem Grund auch immer. Vielleicht aufgrund bestimmter Erwartungen, Bedürfnisse, Gefühle. Die manchmal nur bedingt etwas mit der kränkenden Person zu tun haben. Sondern vielleicht mehr mit der Vergangenheit, mit bestimmten Erlebnissen oder Personen.
Wie reagierst Du als kränkende Person?
Oft fühlen wir uns ziemlich hilflos, machtlos oder sogar verzweifelt. Was haben wir getan? Wie können wir das wieder gutmachen?
Vielleicht versuchst Du, mit Deiner Partnerin zu reden und ihr zu erklären, dass es nicht so gemeint war, dass Du sie keinesfalls verletzen wolltest.
Vielleicht umarmst Du sie.
Oder Du bringst ihr Blumen mit.
Manchmal lässt sich das Problem dadurch lösen und Ihr seid beide erleichtert. Dann habt Ihr einen erfolgreichen Umgang mit Kränkungen gefunden.
Was aber, wenn das nicht gelingt? Wenn Deine Partnerin weiterhin böse auf Dich ist, möglicherweise noch nicht einmal reden will, nicht hören will, was Du sagst?
Wenn einer nicht reden will, wird es schwierig.
Dann kann der Umgang mit Kränkungen schon auch komplizierter werden.
Ich persönlich fühle mich in solchen Situationen oft sehr alleingelassen. Meistens weiß ich dann überhaupt nicht, was ich tun soll oder tun kann.
Und – ja – ich fühle mich dann auch ganz schnell schuldig. Und ich frage mich: Was habe ich verbrochen?
(Das "jetzt schon wieder" klingt da vielleicht ein wenig wehleidig, nicht wahr).
Da kommen dann oft auch Erinnerungen an die Kindheit hoch. Oder zumindest spielen diese unterschwellig mit.
Wie ein Generalbass, der das Orchester begleitet.
Situationen, wo ich etwas falsch gemacht habe. Vielleicht auch bestraft werden sollte. Mich richtig schuldig gefühlt habe.
Nur dass dieses Schuldgefühl – im Gegensatz zum Generalbass – so gar nicht hilfreich ist, sondern mich heute, in meiner erwachsenen Existenz, vielmehr schwächt. Es trägt nämlich nicht zu einer Lösung bei.
In der Folge werde ich mich dann meinem Partner gegenüber sicherlich vorsichtiger verhalten, im Extremfall sozusagen „auf Eiern gehen“, um weitere Kränkungen zu vermeiden.
Ein guter Umgang mit Kränkungen ist das nicht.
Beispielsweise werde ich weniger dazu neigen, mich durchzusetzen, wenn ich etwas Bestimmtes will. Ich werde meine persönlichen Grenzen nicht so stark oder auch gar nicht mehr verteidigen. Im Extremfall werde ich alles mitmachen, was mein gekränktes Gegenüber von mir wünscht oder verlangt.
Das schnürt mir manchmal richtig die Luft ab.
Dein Partner kontrolliert Dich mit seiner Kränkung.
Ja, das ist dann letztlich die Folge. Du fängst an, Deine eigenen Verhaltensweisen zu kontrollieren. Und er kontrolliert Dich mit seiner Gekränktheit, mit der unausgesprochenen Drohung, dass dies jederzeit wieder passieren kann.
Dass er oder sie jederzeit wieder gekränkt sein kann. Obwohl Du das gar nicht beabsichtigt hast und auch nicht hast kommen sehen.
Ist das ein guter Umgang mit Kränkungen?
Eine hohe Kränkbarkeit bedeutet oft, dass versucht wird, Dir Verantwortung für die gekränkte Person zuzuschieben. Damit bist Du sozusagen für ihre Gefühle, ihre Reaktion zuständig.
Fühlst Du Dich gut dabei? Wohl eher nicht. Viele von uns sehen das als eine Art von Erpressung. Wenn Du die Reaktion Deines Partners nicht vorhersehen kannst, wenn Du damit gar nicht gerechnet hast, dann kann Dich das zunächst einmal total verunsichern.
Wenn es jedoch öfter passiert, wirst Du auf die Dauer auch einen ziemlichen Ärger verspüren und wahrscheinlich versuchen, Dich aus dieser Manipulation zu befreien. Denn so wird es sich anfühlen: wie eine Manipulation.
Eine solche Dynamik im Umgang mit Kränkungen kann Beziehungen jeder Art ganz gewaltig belasten. Letztendlich kann es dazu führen, dass Ihr Euch als Partner aufgebt und Euch voneinander trennt.
Wie kannst Du also Deinen Umgang mit Kränkungen verbessern?
Fang erst einmal damit an, Verantwortung für Dich selbst zu übernehmen. Egal, ob Du die kränkende oder die gekränkte Person bist. Achte auf die Dinge, die Dir wichtig sind. Respektiere Deine eigenen Bedürfnisse.
Du bist ein eigenständiger Mensch, mach Dir das bewusst.
Das bedeutet nun natürlich nicht, Deinen Partner oder Deine Partnerin zu ignorieren.
Aber es heißt, dass sich jeder von Euch auch um sich selbst kümmert.
Als kränkende Person kannst Du Dich beispielsweise entschuldigen, Deine Partnerin in den Arm nehmen, ihr Pralinen schenken oder sie in ein Konzert einladen.
Du kannst aber nicht bewirken, dass sie ihre Kränkung loswird.
Das muss sie schon selber tun.
Schuldgefühle haben bekanntlich noch keine Beziehung gerettet.
Ganz im Gegenteil.
Also verzeih Dir selber und sorge für Deine Selbstachtung.
Damit kannst Du auch Deinem Partner / Deiner Partnerin am besten helfen.
Du tust Dein Bestes. Und wenn Du einen Fehler gemacht hast, dann verzeih Dir.
Wir alle sind Menschen und machen ab und zu Fehler. Das gehört dazu. Dieser Puffer muss da sein in einer Beziehung, Partnerschaft oder Ehe.

Hier ist eine kleine Übung für Dich oder für Euch, falls Du Deinen Partner oder Deine Partnerin gekränkt hast.
Eine Idee zum Umgang mit Kränkungen: vertauscht einfach mal die Rollen. Versetz Dich mal in Deinen Partner / Deine Partnerin.
Versuch einmal, ihre Körperhaltung anzunehmen. Oder etwas zu sagen, was Deine Partnerin typischerweise in solchen Situationen sagt. Oder vielleicht gerade gesagt hat.
Wie fühlst Du Dich dabei? Was macht das mit Dir?
Kannst Du Dein Gegenüber etwas besser verstehen? Nicht, dass Du ihm oder ihr Recht geben sollst. Aber verstehen? Nachvollziehen? Spüren?
Mitgefühl entwickeln?
Je besser Ihr einander versteht, desto besser wird auch der Kontakt zwischen Euch. Und desto leichter wird es Euch fallen, aus dieser schwierigen Situation herauszukommen.
Vielleicht könnt Ihr dann auch mal wieder gemeinsam lachen

Barbara Schmidt, M.A.
Mein Name ist Barbara, Paarberaterin und Gründerin der Online-Beziehungswerkstatt Albatros im Rahmen der Paartherapie Bremen. Ich helfe Dir bei schwierigen Eheproblemen oder wenn Du einfach mal eine Beziehungsberatung brauchst, aber keine Lust hast, dafür gleich eine jahrelange Therapie machen zu müssen.
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