Kann aus einer Affäre eine Beziehung werden?
Und wie macht man das?

Kann aus einer Affäre eine Beziehung werden?
Juliane, die wir im vorigen Blogartikel kennengelernt haben, ist also verliebt. Nach fünf Jahren noch immer so stark wie am ersten Tag.
Aber sie ist nicht glücklich dabei.
Wie konnte das kommen?
Ihren eigenen Beitrag zu dieser Entwicklung hat Juliane meiner Meinung nach (auch wenn ich ihr das nicht sagen kann, da ich ja, wie gesagt, ein Familienmitglied bin) dazu geleistet, indem sie eine Reihe von Warnzeichen (Neudeutsch: Rote Flaggen oder Red Flags) nicht bemerkt und teilweise sogar bewusst übergangen hat.
Erstens hat sie sich auf einen monatelangen Austausch von – teilweise intimen – Nachrichten eingelassen und diesen auch immer wieder neu in Gang gesetzt, und zwar immer dann, wenn von ihm nichts kam. Ohne sich zu wundern, dass der Herr nicht mal von selbst ein Treffen vereinbart. (Ich weiß, ich bin da altmodisch).
Zweitens hat Juliane das persönliche Kennenlernen schlussendlich einseitig vorangetrieben. Das Engagement ging also ganz eindeutig von ihr aus. Nicht von ihm. (Ja, auch da bin ich altmodisch).
Drittens hat ihr der Affärenpartner schon beim ersten Treffen deutlich darauf hingewiesen, dass er verheiratet ist und dass sich daran auch nichts ändern wird. Eine ungewöhnlich deutliche Aussage, die in dieser Klarheit nicht immer so schnell daherkommt.
Kann aus einer Affäre eine Beziehung werden?
In diesem Fall klingt das für mich zunächst nicht danach. Aber wir werden ja sehen, wie es weitergeht.
Mit der Zeit verliebt sich Juliane über beide Ohren in den Mann, nicht nur in den Sex, und sagt ihm das auch. Aber für ihn ist eine Trennung nicht denkbar.
Eine klare Feststellung.
So weit, so klassisch.
Der Mann macht Witze, zieht die ganze Sache ins Lächerliche, und Juliane ist beleidigt. Daraufhin sagt er ihr ins Gesicht, dass er noch am Vortag mit seiner Frau geschlafen hat.
“Es war schön,” fügt er hinzu. Und grinst.
Juliane ist – zu Recht – verletzt und bricht den Kontakt ab.
Dann ruft er sie irgendwann wieder an. Er habe keinen Sex mehr mit seiner Frau. Und Juliane möge ihm verzeihen. Er wolle unbedingt weiter mit ihr befreundet sein.
Juliane, die eigentlich gerade erst den schlimmsten Trennungsschmerz hinter sich hat, glaubt und verzeiht ihm.
Also kann aus einer Affäre eine Beziehung werden. Oder nicht?
”Vielleicht,” so sagt er, “gibt es ja doch eine Zukunft für uns.”
Juliane hofft also.
“Kann aus einer Affäre eine Beziehung werden?”, fragt sie mich. Was soll ich ihr da antworten? Juliane besteht darauf, dass es möglich ist.
Möglich sein muss.
Aber natürlich ist sie auch unsicher und bespricht diese ganze Geschichte öfter mal mit ihren Freundinnen. Kann aus einer Affäre eine Beziehung werden?
Die Freundinnen wollen ihr helfen. Sie wollen, dass Juliane glücklich ist. Und wenn der Weg zu ihrem Glück nunmal über diesen Affärenmann führt, dann soll es wohl so sein.
Dann ist das wohl ihr Schicksal, so denken die Freundinnen.
Natürlich kann aus einer Affäre eine Beziehung werden, sagen sie. Das geht. Ganz klar. Die Freundinnen zitieren jede Menge Beispiele.
Und, ja, der Sex mit der Ehefrau ist schließlich unter aller Kanone. Sagt er. Der Affärenmann.
Aber manchmal meldet er sich tagelang nicht. Juliane ist dann immer am Boden zerstört und die Freundinnen raten ihr, sich zurückzunehmen. Sich selber auch mal tagelang nicht zu melden.
‘Spiegeln’ nennen sie das.
Inzwischen sind sie ausgesprochen lieb zu Juliane, verstehen sie, wünschen ihr viel Kraft.
Ja, und siehe da, nach fünf Wochen Funkstille meldet er sich wieder.
Also kann aus einer Affäre eine Beziehung werden! So schlussfolgert Juliane. So schlussfolgern ihre Freundinnen.
Die Freundinnen jubilieren.
Sektkorken knallen.
Als ob es Julianes Hochzeit sei. Also kann aus einer Affäre eine Beziehung werden!
Aber das ist es nicht. Es ist nicht ihre Hochzeit.
An dieser Stelle möchte ich die Geschichte jetzt mal ein wenig abkürzen. Denn dieses Auf und Ab, das On und Off, das wird sich nun die nächsten fünf Jahre ungebremst durch Julianes Leben ziehen, sich teilweise sogar noch intensivieren, Juliane wird sich zeitweise öfter mit ihrem Affärenmann treffen können, sie wird sich immer fester und immer stärker an ihn binden.
Ob er sich auch stärker an sie bindet, ist nicht geklärt. Den Sex jedenfalls findet er gut.
Immer wieder und immer häufiger.
Ihrer Liebe zu ihm wird das keinen Abbruch tun.
Ganz im Gegenteil. Denn schließlich kann aus einer Affäre eine Beziehung werden, denkt Juliane immer wieder und hält sich an diesem Gedanken fest.
Und je öfter ihre Freundinnen diesen Spruch wiederholen, desto stärker glauben sie das: es kann aus einer Affäre eine Beziehung werden..
Nach fünf Jahren ist Juliane verliebt wie am ersten Tag. Noch verliebter, wenn das überhaupt möglich ist.
Genau das ist es, wo ich jetzt mal ein wenig einhaken möchte. Denn diese fünfjährige Verliebtheit ist meiner Meinung nach noch keine Liebe.
Die akute Verliebtheit ist eine Phase, die nur vorübergehend sein sollte, die aber hier – statt sich aufzulösen und irgendwann entweder zu einer Trennung oder zu einer Beziehung zu führen – künstlich aufrechterhalten und verlängert und immer wieder genährt wird.
Der nächste Schritt – die Entwicklung zu einer stabilen Liebe – kann nicht getan, nicht vollzogen werden.
Denn Juliane und ihr Affärenmann leben nicht zusammen, sie sehen sich vergleichsweise selten und unregelmäßig und können die Anfangsphase der Verliebtheit somit auch nicht in eine ruhige, beständige Liebe überführen.
Schließlich geht es ja auch immer wieder alles auf und ab. Immer wieder ist unklar, wann sie sich treffen können, wann es wieder Zärtlichkeiten geben kann, wann wieder Sex möglich ist.
Und dazwischen: Leere. Kontaktlosigkeit.
Das sind die Zeiten, wo Juliane leidet. Die sie als eine richtige Strafe empfindet.
Eine solche Dynamik will ich mal als eine ‘intermittierende Beziehung’ bezeichnen. Mal gibt es sie, mal nicht. Dann wieder besteht Hoffnung und einige Tage später wird diese wieder zerstört.
Eine solche intermittierende Beziehung kann ganz schnell (so sind wir Menschen nun einmal gepolt) zum ‘Trauma Bonding’ führen, auf Deutsch auch ‘Traumabindung’ genannt. Eine Nummer, aus der man nicht so schnell wieder herauskommt.
Die Traumabindung
Wikipedia beschreibt das so: “Traumabindungen (auch traumatische Bindungen genannt) sind emotionale Bindungen zu einem Individuum (und manchmal auch zu einer Gruppe), die aus einem wiederkehrenden zyklischen Muster von Missbrauch entstehen, das durch intermittierende Verstärkung durch Belohnungen und Bestrafungen aufrechterhalten wird. Der Prozess der Bildung von Traumabindungen wird als trauma bonding oder traumatic bonding bezeichnet. Traumatisches Bonding tritt als Ergebnis eines andauernden Missbrauchszyklus auf, in dem die intermittierende Verstärkung von Belohnung und Strafe starke emotionale Bindungen schafft, die resistent gegen Veränderungen sind.”
Erschreckend finde ich das. Ganz ehrlich.
Juliane hat sich da – insbesondere auch mithilfe ihrer Freundinnen – in eine Situation katapultiert, in der sie erstens unfähig ist, überhaupt eine echte, langfristige, beständige Liebe zu diesem Mann zu entwickeln.
Zweitens ist sie unglücklich und wird aber nun, nach all den Jahren, nicht ohne weiteres und nicht ohne erhebliche Schmerzen in der Lage sein, sich aus dieser Affäre zu lösen.
Und drittens, ja, in diesem Zustand wird sie nicht dazu neigen, einen anderen, vielleicht geeigneteren Mann kennen und lieben zu lernen.
Was das betrifft, sind diese Affärenjahre für Juliane eine versperrte Lebenszeit.
Und dieser Zustand wird von den Freundinnen auch noch stabilisiert, indem sie Juliane gut zureden und ihr Mut machen. Obwohl Julianes noch vorhandener Mut, so meine ich, in diesem Fall völlig anders kanalisiert werden sollte – nämlich durch die Fokussierung auf die Trennung von diesem Affärenmann. Auf die Beendigung dieser schrecklichen Situation, die sie immer mehr schlaucht.
Antonia von Fürstenberg sagt dazu: „Menschen, die Co-Narzissten zu „bedingungsloser Liebe und Verzeihung“ raten, um in eine missbräuchliche Beziehung zurückzugehen oder darin zu verharren, verhalten sich selbst missbräuchlich.“
Aber natürlich kann aus einer Affäre eine Beziehung werden.
Das ist durchaus möglich.
Manchmal.
Eine Affäre an der Uni. Problem oder Prestige?
Und welche Probleme können da auftreten?
Mal ganz schnell, ohne nachzudenken: was geht Dir durch den Kopf, wenn Du an eine Affäre an der Uni denkst?
Die Vorstellung von Affären zwischen Professoren und Studenten an Universitäten ist oft von Vorurteilen und moralischen Bedenken begleitet. Häufig wird bei der Affäre an der Uni ein Machtgefälle zwischen den Parteien angenommen, das es – so sagt man – unmöglich mache, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen. Aber ist das wirklich immer der Fall?
Ein Beispiel für eine solche Affäre ist die Geschichte von Wolfgang, einem jungen Professor, und Chantal, einer seiner Studentinnen. In den Vorlesungen und Seminaren passierte lange Zeit nichts. Als sie sich dann aber auf einer Feier des Fachbereichs trafen, sprachen sie zum ersten Mal intensiver miteinander. Und sie redeten die halbe Nacht weiter und trafen sich wenige Tage später zum zweiten Mal. Wolfgang fand, dass Chantal absolut die schönste und intelligenteste Frau war, die er jemals getroffen hatte. Umwerfend, so beschrieb er es seinem Bruder.
So begann also die Affäre zwischen Wolfgang und Chantal.
Sie trafen sich immer wieder heimlich, und es machte beiden Spaß. Sie verbrachten viel Zeit miteinander, aber immer fern vom Campus, am liebsten sogar außerhalb der Stadt. Irgendwann stellte Wolfgang bei sich fest, dass da doch etwas mehr war, bei ihm jedenfalls. Er liebte Chantal, und zwar so richtig. Durfte das denn sein? Konnte das eventuell seine und ihre Karriere beeinträchtigen, wenn es herauskam?
Mit der Zeit entwickelte sich auch bei Chantal mehr – Wolfgang und Chantal hatten sich nun also ernsthaft in einander verliebt. Es entwickelte sich eine Beziehung. Und nun? Wie weiter? Die Entscheidung hat mehrere Wochen lang gegart und auch zu ihrem ersten richtigen Streit geführt.
Chantal wollte die Sache zunächst weiterhin geheimhalten.
Eine Affäre an der Uni? Wolfgang aber strebte danach, es offiziell zu machen. Und natürlich gab es gute Argumente für beide Standpunkte. Nicht zuletzt: die Vorurteile der anderen Professoren und Dozenten, der Kommilitonen, der Familien.
Und da lagen sie auch ganz richtig. Die Universität reagierte zunächst skeptisch auf die Offenlegung ihrer Affäre an der Uni. Es wurde befürchtet, dass ihre Beziehung dem Ansehen der Universität schaden würde. Und die Familien? Wie konntest du nur, schimpfte Wolfgangs Mutter. Garantiert nutzt sie dich für ihre Karriere aus! Chantals Eltern waren da schon deutlich positiver. So ein gut aussehender Mann, mit einer vielversprechenden Zukunft! Schon früh morgens konnte man Chantals Mutter in der Dusche singen hören. Das hatte sie noch niemals vorher getan.
Dies sind natürlich schon recht extreme Reaktionen – da schlägt das Pendel in beide Richtungen aus. Aus meiner Sicht ist hierbei (vielleicht etwas moderater) zu bedenken, dass es sich um zwei erwachsene Menschen handelt, die für ihre Entscheidungen selbst verantwortlich sind. Bei dieser Affäre an der Uni gab es keinen Machtmissbrauch und auch keine unangemessene Einflussnahme, wie es oft bei Affären an der Uni vermutet wird. Die Liebe zwischen Wolfgang und Chantal ist ganz eindeutig eine Beziehung auf Augenhöhe, die auf gegenseitiger Zuneigung und Respekt beruht. Auch fachlich können sich die beiden ganz großartig gegenseitig bereichern.
Die Universität akzeptierte schließlich ihre Entscheidung und erlaubte ihnen, ihre Beziehung öffentlich zu machen. Wolfgang und Chantal waren erleichtert und glücklich darüber, dass ihre Liebe anerkannt und akzeptiert wurde. Sie konnten nun frei und offen miteinander umgehen und ihre Liebe zeigen, ohne sich verstecken zu müssen.
Ob das nun für immer hält?
Gute Frage! Das kann natürlich keiner von uns wissen.
Denn niemand von uns weiß immer genau, was richtig ist, und kann sich absolut sicher sein, was die Zukunft bringt. Auch nicht bei einer noch so schönen und erfolgreichen Affäre an der Uni.

Barbara Schmidt, M.A.
Mein Name ist Barbara, Paarberaterin und Gründerin der Online-Beziehungswerkstatt Albatros im Rahmen der Paartherapie Bremen. Ich helfe Dir bei schwierigen Eheproblemen oder wenn Du einfach mal eine Beziehungsberatung brauchst, aber keine Lust hast, dafür gleich eine jahrelange Therapie machen zu müssen.
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