Fremdverliebt und die Drittperson
Der oder die Dritte hat oft einen bestimmten Zweck
Fremdverliebt und die Drittperson als Mittel zum Zweck
Ein Streitgespräch am Sonntagmorgen, noch bevor Du ganz wach bist: Wer holt die Brötchen? Hektik am Mittwoch Abend: Zu viel Stress auf der Arbeit. Und dann noch eine größere Uneinigkeit am Samstag. Was genau wollen wir kaufen und wo besorgen wir das? Die übliche Routine also.
Manchmal wird es Dir wirklich ein wenig zu viel.
Dennoch gibt es solche Zeiten immer wieder.

Welche Rolle spielt die Drittperson?
Was also tun, wenn wir darüber unglücklich sind?
Manche wenden sich an einen Coach oder Psychologen. Andere heulen sich in einem Forum aus. Noch andere verlieben sich spontan in jemand anders und projizieren ihre Wünsche und Träume dann auf diese Drittperson.
Fremdverliebt und die Drittperson
Jürg Willi* sagt dazu: „Die einseitige Einbeziehung von Drittpersonen in den Ehekonflikt ist eines der häufigsten und wohl auch gefährlichsten psychosozialen Abwehrmanöver.“ Damit meint er allerdings nicht nur Geliebte und Liebhaber, sondern auch Ärzte, Kinder, Eltern, Therapeuten und so weiter.
Nehmen wir mal an, einer der Partner hat eine Außenbeziehung und betrügt somit den anderen, der wiederum die Kinder mobilisiert. Die Schwiegermutter mischt sich ein und kümmert sich um Haushalt und Kinder. Und natürlich nimmt sie auch Stellung… Ebenso wie Freund und Freundinnen, Arbeitskollegen, sofern man sie einweiht, und eventuell sogar die Nachbarn.
Das Abgrenzungs- und das Gleichwertigkeitsprinzip in der Partnerschaft
Dies alles verstößt laut Jürg Willi gegen zwei wichtige Prinzipien einer gesunden, funktionierenden Ehe oder Beziehung:
Das Abgrenzungsprinzip**. Hier lässt sich nämlich einer der Partner – und jetzt zitiere ich wieder Jürg Willi – intim mit einem anderen in ein exklusives, gegen den Ehe- oder Beziehungspartner gerichtetes Verhältnis ein.
Das Gleichwertigkeitsprinzip***. Dieses wird gestört, indem ein Partner seine Macht durch Einbeziehung einer dritten Person einseitig verstärkt, sodass sich der andere unterlegen fühlt und dann wiederum entsprechende Maßnahmen zur eigenen Stärkung ergreift. Das muss also notwendigerweise zu einem Ungleichgewicht führen.
Unter dem Strich bemüht sich nun jeder der beiden Partner darum, das Ungleichgewicht wieder zu seinen / ihren Gunsten zu verschieben oder doch zumindest wiederherzustellen. Dazu sucht er oder sie sich Verbündete in diesem eskalierenden Dauerstreit, und zwar in Form von Drittpersonen. Ob er fremdverliebt ist oder nicht.
Wer selbst unsicher ist, wünscht sich manchmal, jemand anders – also eine Drittperson – könnte den Streit an seiner oder ihrer Stelle übernehmen und sozusagen als Stellvertreter „in den Kampf ziehen“, wenn ich das mal so leicht übertrieben sagen darf.
Heftig, nicht wahr?
Drittpersonen können auch hilfreich sein
Dennoch hat es unter Umständen aber auch Vorteile. Es kann sein, dass die Beziehungs- oder Ehepartner dadurch besser mit ihren Konflikten umgehen, sie eventuell auch einmal von außen beleuchten und sich eine andere Perspektive zumindest anhören. Manchmal kann man Probleme eben einfach auch besser mit Freunden oder Familienmitgliedern besprechen als mit dem eigenen Partner, dem man ja emotional unter Umständen sehr nahesteht.
Und überhaupt, was ist denn mit den vielen Foren, die ja heutzutage wie Pilze aus dem Boden schießen? Hier kann man sich anonym ausheulen oder auch kräftig Dampf ablassen. Um dann wohlüberlegt mit dem Partner reden zu können, ohne sich übermäßig dabei aufzuheizen.
Laut Jürg Willi sollte man dabei allerdings einige Regeln zu beachten, um das Abgrenzungsprinzip nicht zu verletzen.
Gegengeschlechtliche Gespräche?
Laut Jürg Willi kann es gefährlich sein, wenn einer der beiden Partner mit einem gegengeschlechtlichen Freund oder einer gegengeschlechtlichen Freundin ein intimes Gespräch über die Schwierigkeiten in der Ehe oder Partnerschaft beginnt und seinen Partner / seine Partnerin von diesen Gesprächen ausschließt. Das kann dazu führen, dass dieser Freund / diese Freundin mitagiert und praktisch zum einseitigen Bundesgenossen wird.
Wer also dazu neigt, sich bei Schwierigkeiten oder Problemen an eine oder mehrere Drittpersonen zu wenden, sollte dabei immer auch die Fairness dem Partner / der Partnerin gegenüber im Auge behalten und darf sein eigenes Verhalten auch gern mal hinterfragen beziehungsweise aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.
So viel zum Thema „Fremdverliebt und die Drittperson“
* Jürg Willi: Die Zweierbeziehung. Rowohlt, 2019.
** Das Abgrenzungsprinzip meint die Grenze innerhalb und außerhalb eines Paares. Die Nähe der Partner muss zum Beispiel seine Grenzen haben, da ansonsten die Gefahr besteht, sich füreinander aufzugeben und in eine symbiotische Einheit zu verfallen. Klare Grenzen müssen respektiert und beide Partner als eigenständige Person gesehen werden. Natürlich muss auch die Grenze nach außen klar sein, die Partner müssen sich als zusammengehörig und als Paar fühlen und die Paarbeziehung soll sich von anderen zwischenmenschlichen Beziehungen unterscheiden.
*** Die Gleichwertigkeitsbalance ist das dritte Funktionsprinzip. Hiermit ist nicht nur die Gleichberechtigung der Partner innerhalb der Beziehung gemeint, sondern ebenso die Ebenbürtigkeit beider in ihrem Selbstwertgefühl. (https://www.grin.com/document/134937).


Barbara Schmidt, M.A.
Mein Name ist Barbara, Paarberaterin und Gründerin der Online-Beziehungswerkstatt Albatros im Rahmen der Paartherapie Bremen. Ich helfe Dir bei schwierigen Eheproblemen oder wenn Du einfach mal eine Beziehungsberatung brauchst, aber keine Lust hast, dafür gleich eine jahrelange Therapie machen zu müssen.
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